Kapitel 11

Ich hatte drei Wochen Zeit, darüber nachzudenken, wie ich dich behandelt habe. Ich habe das Gefühl, ich muss ein komplettes Bekenntnis ablegen.

Als ich den Turm auf der Suche nach Savathûns Agenten verließ, hatte ich mein Schicksal als Bauernopfer auf Mara Sovs kosmischem Schachbrett bereits akzeptiert – dazu verdammt, das Ende der Schar in den kalten Sternen zu suchen. Ich verabschiedete mich nur von denen, die mich nicht hören konnten. Denn ich hatte Angst, dass bereits eine einzige Stimme, die mich bitten würde zu bleiben, meine Entschlossenheit in sich zusammenfallen lassen würde.

Es war armselige Schwäche, die mich dazu brachte, dir zu schreiben. Es war der niedere Wunsch, als Person und nicht als Ghul in Erinnerung zu bleiben, der mich dir vom Mädchen Erisia, St. Petersburg und den kalten Wassern der Newa erzählen ließ. All diese Dinge waren wahr.

Der Rest ...

Ich schäme mich so. Mitten im Satz, mitten im Gedanken ergriff mich die Furcht, dass ich mich wie ein unreifes Kind verhielt, dass ich deine Zeit mit idiotischer Sentimentalität verschwendete, dass du mich für diesen Gefühlsausbruch verachten würdest oder schlimmer noch gleichgültig mir gegenüber wärest. Ich habe mich jahrelang im Dunkeln versteckt, Hüter. Nicht die Einsamkeit oder der Tod machen mir Angst, sondern das Gegenteil.

Also erfand ich Medusa, um dir vorzugaukeln, dass wir niemals miteinander gesprochen hätten. Und als ich den Eindruck hatte, die Medusa-Lüge flöge auf, erfand ich all den Rest, um dir von meinen Erkenntnissen zu berichten, ohne zugeben zu müssen, dass ich es bin.

Wie kann ich dir beweisen, dass ich wirklich Eris Morn bin? Nicht Medusa, nicht Riven, nicht Quria, nicht Dûl Incaru, nicht die Hexenkönigin selbst? Ich weiß es nicht. Wirst du mir glauben? Wirst du diese Seiten durchsuchen, um meine Behauptung zu belegen oder um sie zu widerlegen? Wirst du diese Dateien in dein Netzwerk laden und sie teilen, die Warlocks und Kryptarchen bitten, alles, was ich gesagt habe, zu katalogisieren und zu zerlegen? Wird dieser Text der Grundstein für ein weiteres wackliges Konstrukt der Theorien und Vorahnungen werden?

Ich habe mich so zum Narren gemacht. Und nur, weil meine Überzeugungen schwach waren, weil ich die Hand nach jemandem ausstreckte, der verloren für mich ist, und ich beim Gedanken an die Berührung Panik bekam. Doch so ist es. Und ich kann nichts mehr tun, um es zu ändern. Ich bin eine Frau voller Geheimnisse, eine Frau, die jeden verloren hat, den sie je einen Freund nannte. Und als der Drang, diese Geheimnisse zu teilen auf die Furcht vor Freundschaft traf, habe ich mich in unnötigen Lügen verfangen.

Weißt du, was die Schar sagt, um die Unausweichlichkeit von Dingen auszudrücken? Wenn sie sagen, so ist es, denn es kann nicht anders sein?

Aiat.