Kapitel 2

Diese Halluzination hatte er früher schon einmal.

Sie läuft nicht allzu gut, wie bei Halluzinationen üblich: Praedyths Funkgerät meldet sich zu Wort, Stimmen erheben sich aus dem Rauschen. Er wünschte, es wäre zumindest eine vertraute Stimme, die von Pahanin oder Taeko oder Kabr. Jetzt gerade würde er sich sogar mit Mir zufriedengeben.

Er dreht seinen Kopf in Richtung Funkgerät. Seine Wange streift den Granit. Es schmerzt flüchtig, wie alles irgendwie, gedämpft von zu viel Zeit und nicht genug Licht.

„Das sagtest du schon“, hilft er der Halluzination auf die Sprünge.

Sie quäkt: „Habe ich das? Wann?“

„Beim letzten Mal.“ Oder das Mal davor. Zeitbestimmung ist in dieser Zelle eine verlorene Kunst. „Achtung, Höhlenforscher rufen auf der Frequenz zwei-zwei-sieben Punkt neun-sieben-soundso-soundso, Himmelsschock-Potenzial …“

Seine Stimme versagt. Das Sprechen schmerzt.

„Wie war das?“ Dieses Mal redet die Halluzination mit einer anderen Stimme, einer kräftigeren, männlicheren. Fast wie der von Mir. „Die Frequenz?"

Praedyth dreht sich um und starrt wie immer mit leerem Blick an die Decke. Er seufzt. Er hat die Konstellationen nach Flecken, Katzen und Geistern sowie einem oder zwei Tintenfischen katalogisiert.

„Entschuldigung? Wer immer du auch bist?“ Die erste Stimme ist zurück. „Wir senden auf der Frequenz zwei-zwei-sieben-Punkt-eins-sieben. Wenn du bereits von einer anderen zwei-zwei-sieben-Gruppe kontaktiert wurdest, müssen wir das wirklich wissen.“

„Das hast du das letzte Mal auch gesagt.“

Eine dritte Stimme mischt sich ein. „Hat die andere Gruppe diese Funkfrequenz benutzt?“

Das hat sie. Praedyth hat in letzter Zeit nicht die Kraft aufgebracht, mit seinem Funkgerät herumzuspielen und neue Versuche zu starten, Kontakt mit der Welt außerhalb dieser Zelle aufzunehmen. Er hatte für gar nichts Kraft, außer bedeutungslose Zeitintervalle herunterzuzählen, während er auf das nächste Zeitfenster wartete, um eine Nachricht abzusetzen.

„Wir haben es im letzten Monat mindestens ein Dutzend Mal auf dieser Frequenz probiert. Aber es hat nie funktioniert.“

Und was ist jetzt anders?

Diese Frage reißt ihn aus seiner Lethargie.

Praedyth setzt sich auf, was sogleich einen Schwindelanfall zur Folge hat, und wiederholt die Frage laut.

Vielleicht halluziniert er ja gar nicht. Vielleicht hat er es endlich irgendwie geschafft, die Wände der Kammer zu durchbrechen. Vielleicht hat er eine Chance.

„Hallo? Seid ihr noch da?“

Doch die einzige Antwort, die er erhält, ist Rauschen. Welches Signal er auch immer da aufgefangen hatte, es ist fort.