Kapitel 3

ZUGRIFF: EINGESCHRÄNKT
ENTSCHLÜSSELUNGSCODE: 73XK5V2PG1$AUN-326
BERICHT: 002-A899OF-COC
AGENT(EN): TRU-135
BETR.: Abgefangene Übertragung

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1. Wir halten unsere Eindämmungsstellung bei Cocytus. Ich kann keine unmittelbare Gefahr für das System erkennen und wir haben genug Feuerkraft, um die Station und ihre Vorrichtungen aus der Distanz zu zerstören, falls es mit den Sprengköpfen vor Ort nicht gelingt. Die Station bleibt im stabilen heliozentrischen Orbit, wo sie nach der Zerstörung von Ceres geparkt wurde.

2. Ich verlange keine Bestätigung dieser Theorien und bitte geradezu darum, sie nicht weiter zu verfolgen. Ich habe mir jedoch die Standort-Aufzeichnungen angesehen und es sieht so aus, als hätte das Schicksal der Sophia-Crew, nachdem sie nach Kokytos getrieben worden war, viel mit dem Wahnsinn der Schar zu tun. Die Kokytos-Öffnungen müssen damals zu einer riesigen Schar-Ansammlung geführt haben, die mit Crota im Zusammenhang stand. Was auch immer ihr ursprünglicher Zweck war, als Crota seine Präsenz im System festigte, wurden daraus Wege in die Hölle – das hässliche Ende der Sophia-Crew ist Beweis genug. Wer immer die Sophia in ihr Verderben getrieben hat, muss dann die Kokytos-Instrumente um die ursprüngliche Anlage aus dem Goldenen Zeitalter installiert haben, um Crotas Gefolge zu studieren.

3. Crota ist tot. Er hat diese Tore nicht mehr unter seiner Kontrolle. Nun versucht etwas anderes, zu unserer Welt hindurchzukommen ... doch es ist so fremd und seine Entsendungen so entstellt, dass ich befürchte, dies kann nur im Wahnsinn enden.

4. Die ersten „Besucher“ durch das dritte Tor zur Ereigniszeit 00:00:00 waren einfache Wasserstoffatome. In 72 Stunden wurden der diatomische Wasserstoff zu Stickstoff, Kohlenstoff, Sauerstoff, Wasser sowie einfachen organischen Molekülen. Ab der 80-Stunden-Marke empfingen wir unseren ersten makroskopischen Besucher, ein Kügelchen aus tiefschwarzem Kohlenwasserstoff-Teer. Bis 82:34:15 stieß das Tor Teer aus komplexen Monomeren und Polymeren aus.

5. Ab dann nahmen die Besucher geometrische Formen an. Jede Menge Würfel und Sechsecke, alle aus molekularen Kristallen der gleichen Form wie das ganze Gebilde. Eine Reihe fraktaler Strukturen, die durch interne Fehler zerbarsten. Mehrere Kapseln oder Membranen mit immer komplexerem Aufbau, die Wasser oder Öl enthielten. Das könnten Vorläufer der Zellen gewesen sein.

6. Bei 524:03:11 erschien ein lebender Organismus. Sofortiger Tod trat ein. Die Sektion aus sicherer Distanz ergab einen runden Körper, Radius 1 Meter, der sich aus dem dicken Kohlenwasserstoff-Teer schälte. Tiefe, gleichmäßig verteilte „Kehlen“ kamen in einem zentralen Hohlraum zusammen, vielleicht sollten sie Lunge und Magen sein. Der Körper bestand aus einem undifferenzierten Gewebe aus primitiven pflanzenähnlichen Zellen, die durch Anspannung Luft oder Wasser in die Rachen und wieder hinaus pumpen konnten. Ohne Enzyme, um einen Stoffwechsel zu katalysieren, oder eine interne Möglichkeit, um Abbaustoffe loszuwerden, konnte der Organismus nicht überleben. Der Zelltod trat bei der gesamten Masse quasi zeitgleich ein. Es gab keine Möglichkeiten für Selbstreparatur oder Reproduktion.

7. Bei 690:29:54 erschien aus dem Tor ein röhrenförmiger Organismus. Dieser bewegte sich neunzig Sekunden lang durch Kontraktion und Ausdehnung durch die Torkammer und starb dann. Die Sektion aus sicherer Distanz beschreibt einen zwei Meter langen Körper mit einem Rücken-Hohlraum voll energiereicher Kohlenhydrat-Flüssigkeit. Die Kontraktionen des Organismus zwangen die Flüssigkeit durch ein Netzwerk aus Kapillaren, wo einfache Zellen die Kohlenhydrate in Energie für weitere Kontraktionen umwandelten. Entstehende Hitze und Abfallprodukte ließen die Stoffwechselenzyme schnell denaturieren und der Organismus starb. Es gab keine Maßnahmen zur Selbstreparatur oder Reproduktion.

8. Das Tor ist seitdem, bis auf einige Abgaben von Molekülen, die experimentelle Proteine sein könnten, inaktiv geblieben. Drohnen konnten aus der Entfernung ähnliche Umgebungsmoleküle im Höllenschlund auf Luna identifizieren, die Quelle bleibt jedoch weiter unklar. Wir werden die Quarantäne aufrecht erhalten, bis wir andere Anweisungen erhalten.

Ich habe den starken Eindruck, dass es sich hier um einen Lernprozess handelt, bei dem die Synthese und Anordnung von Materie verfeinert werden soll. Die Atome dieser Strukturen waren isotopisch rein und unmöglich zu datieren, doch ich habe das ungute Gefühl, dass sogar sie frisch hergestellt wurden.

9. Sonden und Instrumente, die durch das dritte Tor geschickt wurden, kehren nicht zurück. Die Vernichtung geschieht anscheinend sofort und ist so gründlich, dass sie eher aus einem fundamentalen Scheitern der Existenzfähigkeit zu resultieren scheint, als aus der Anwendung einer Waffe oder Gegenmaßnahme. Und doch existiert irgendetwas auf der anderen Seite und es versucht, die Regeln unserer Welt ab den einfachsten Prinzipien zu ergründen. Ich bin nicht gerade gespannt darauf, welche Kreation uns als Nächstes erwartet.

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Vgl. Berichte 3209-3211-LUNA-HÖL

NACHRICHT ENDE