Kapitel 15

WIE OBEN ...

Die Schlächter-Königin der Gruben steigt auf den ersten Balkon. Ihre Brust hebt sich, ihre Augen werden schmal, um den schweren Nebel aus Knochenstaub und Blut zu durchdringen.

Die Versammlung ist unsicher, was sie davon halten soll. Angst ergreift den feigen Hof der Nekropole.

Alle erkennen Azavath, doch sie ist keine Kämpferin. Ihr Lied mag tödlich sein, besitzt jedoch nicht den perfekten Klang anderer Mitglieder im Gebrochenen Chor.

Azavath hält in jeder Hand einen schweres Beil, an dem noch Reste der Opfer haften. Unten liegen tausend zerstückelte Leichen.

Der mutige Zulmak, der die Logik beinahe bewiesen hätte, liegt ohne Arme und Beine da, und wo sein Herz einst schlug, bleibt nur ein Loch zurück.

Die Versammlung fordert Azavath auf, eine Erklärung abzugeben. Sie ist keine Kriegerin, und doch kämpft sie wie ein Eroberer. Sie hat keinen Anspruch vorgebracht, und doch hat sie einen Champion erlegt. Die Logik wäre fast erfüllt worden. Was gibt ihr das Recht ...?

Der verruchte Gelehrte, der die Sängerin rügt, wird durch einen von Azavaths Beilen entzweit, als sei er aus Luft.

Als Azavaths Zorn gegen sie entfesselt wird, gerät die Versammlung in Panik.

Sie sind keine Kämpfer.

Sie sind Drahtzieher, Manipulatoren und Feiglinge.

Sie stehen für alles, was Akrazul hasst.

Dank seinem neuen Fleisch—seinen neuen Knochen—kann er seinen Hass durch schnelle, gnadenlose Gewalt äußern. Er dankt seiner Schwester und weiß, dass sie stolz darauf wäre, wie er nun dieses Blut vergießt. Sie hat sich geopfert, damit er wieder für all das kämpfen kann, woran sie geglaubt haben. Hier oben, weit über der blutgetränkten Grube, tötet er für sie, in ihr, als sie, die aufstrebenden Berater eines nicht existierenden Königs. Turm um Turm. Feigling um Feigling. Die Leichen der wahrhaft Unwürdigen türmen sich in ihren Bluttempeln. Schreie hallen durch die Weite. Akrazul und Azavath sind eins und in dieser Vereinigung ist er nicht mehr der, der er war—nicht mehr Akrazul, denn nur sein Zorn ist geblieben.

Ihm ist bewusst, dass die Ermordung der Puppenspieler nicht Teil von Malkanths Plan war. Sie wäre aufgebracht, doch sie ist nicht mehr von Bedeutung. Nur die Rache ist von Bedeutung; nur das Ende aller, die den Schwarm im Stich gelassen haben, wird seinen Blutdurst stillen.

Inmitten der Versammlung versuchen die Töchter von Crota zu fliehen. Aber Besurith wendet sich ihren Schwestern zu und bittet sie, diesen Moment nicht verstreichen zu lassen. Während die vier sich aus Azavaths Kriegspfad entfernen, nutzen sie das Durcheinander, um ihre eigenen Sünden zu verbergen. Hashladûn, Besurith, Kinox und Voshyr zücken Dolche, die sie unter ihren Umhängen verborgen hatten, und ermorden diejenigen, die ihre Pläne bedrohen könnten. Man wird Azavath die Schuld geben, und selbst wenn die Wahrheit doch ans Licht kommen sollte, wird es niemanden mehr geben, um sie zu konfrontieren.

SO AUCH UNTEN ...

Eine Stimme ruft aus der Grube.

Azavath unterbricht ihr Massaker.

Die Stimme ist vertraut, aber seltsam—anders.

Unten hockt Malkanth bei den verstümmelten Leichen, die den Boden übersäen.

Azavath beäugt ihre verbleibenden Opfer und wendet sich dann ihrer Schwester zu.

Malkanth ruft erneut.

„Bruder ... ich brauche dich.“

Azavath springt von ihrem hochgelegenen, roten Platz hinab, während die Überlebenden der Versammlung fliehen. Sie folgen den Töchtern, die Bestürzung vortäuschen.

In der Grube betrachtet Azavath Malkanth. Die stille Todsängerin ist verwirrt und unsicher. Malkanth schwebt mit einer klaffenden Wunde auf ihrem Bauch herüber und flüstert ihrer Schwester ins Ohr ...

„Unser Weg ist fehlerhaft. Dein Zorn ist eine Bürde. Lass mich dich davon erleichtern ...“

Malkanth stimmt ein vertrautes Lied in einer fremden Tonlage an. Azavaths Augen weiten sich, als sie begreift. Sie versucht zu sprechen, doch sie kann es nicht, denn ihre Stimme wurde bei ihrer Aufhebung zerstört.

Das Lied geht weiter, und Azavath blutet aus Ohren, Nase und Mund. Ihre Knochen bersten, ihr Fleisch brodelt, bis sie zerbricht. Malkanth lächelt wieder. Der Plan der Betrügerin bleibt unerfüllt, doch auch die Beendigung der Schwertlogik ist ein Sieg.

Hashladûn schaut in die Grube, während die Letzten der Versammlung entkommen. Zulmak ist besiegt, der neue Champion vernichtet. Es ist niemand geblieben, um den Lohn der Logik zu fordern. Der Plan der Töchter, den Ruhm ihres Vaters wiederherzustellen, ist nicht mehr in Gefahr.

Und so, wie es schon zu Anfang war, bleiben auch jetzt nur gescheiterte Schwertlogik und die unbekannte Aussicht auf Albträume zurück.