Kapitel 1

Lieber Reisender,

ich heiße Micah. Ich bin zehn Jahre alt und ein Mensch. Den zweiten Teil konntest du dir bestimmt denken, aber Papa sagt, da wo du herkommst, gibt es viele verschiedene intelligente Spezies. Darum wollte ich genau sein.

Woher kommst du eigentlich? Ich bin vom Mars. Jetzt gerade aber sind Vater und ich auf dem Weg zu einer brandneuen Kolonie auf Europa, wo wir zusammen mit Papa leben werden! Papa ist der leitende Quanteningenieur bei BrayTech. Das bedeutet, er baut supercoole Computer. Er ist so gut darin, dass er zusammen mit DEM Clovis Bray die ganzen streng geheimen Sachen machen darf. Er hat sogar Teile der Hardware von Rasputin entwickelt!

Ich hoffe, er zeigt mir, woran er arbeitet. Damals auf dem Mars hat er das immer gemacht. „Sieh zu und lerne“, sagte er dann immer. „Aber versprich mir, niemandem davon zu erzählen.“ Und ich habe mich immer an mein Versprechen gehalten, auch wenn mich meine Freunde zu Hause immer über Papas Arbeit ausquetschen wollten.

In meinem alten Zuhause, meine ich. Bald wird Europa mein Zuhause sein und du wirst mein neuer Nachbar nebenan auf Io sein! Ich hatte gehofft, wir könnten auf dem Weg an dir vorbeifliegen, damit ich dich aus der Nähe sehen kann. Aber Eventide (so heißt die Kolonie) benötigt Vorräte und Vater muss sich sofort an die Arbeit machen.

Er ist Psychologe. Ich weiß nicht genau, was seine Aufgabe bei BrayTech sein soll. Leute zu fragen, wie sie sich fühlen, und das immer und immer wieder, ist alles, was er macht. Vielleicht brauchen sie ihn, damit er einen Kriegsgeist trainiert, so wie Dr. Ana Bray. Nur dass er ihm keine Sprache beibringt, sondern wie er seine Träume deutet.

Vater zieht Papa immer damit auf, dass es viel schwieriger ist, mit dem Gehirn eines Menschen zu arbeiten, als mit einer Festplatte. Vielleicht lässt ihn Papa an einem seiner Projekte mitarbeiten, um Vater endgültig zu beweisen, dass er falsch liegt.

Was hast du – eine Festplatte oder ein Gehirn? Bist du eine KI wie Rasputin? Hast du schon einmal mit ihm gesprochen?

Tut mir leid, wenn ich zu viele Fragen stelle. Vater sagt, dass ich sehr neugierig bin. Aber er meint, das ist in Ordnung, solange ich lerne, wann ich aufhören muss, Fragen zu stellen. Was ziemlich unfair ist, denn er fragt mich ständig Sachen! Zum Beispiel jetzt gerade, während ich schreibe. Ich verschlüssele diese Nachricht also besser schnell und gehe zu Vater.

Ich schreibe später weiter.

Dein Freund,

Micah